Interview mit einer Pflegekraft im Krankenhaus

In welcher Funktion arbeitest Du im Krankenhaus und um was für ein Krankenhaus handelt es sich?

Ich arbeite in der OP-Abteilung eines kleinen Krankenhauses, das sich in privater Trägerschaft befindet.

Wie hat sich der Arbeitsalltag bei Euch / Dein Arbeitsalltag durch Corona verändert?

Wir haben die meisten elektiven Operationen reduziert und haben weniger zu tun, dafür wurden KollegInnen phasenweise auf der Intensivstation eingesetzt, um die Beatmungsgeräte kennen zu lernen und die Abläufe, die dort gelten. Unser Arbeitgeber hat Kurzarbeit angemeldet um die monetären Ausfälle aufgrund der geplatzten Elektiv-Operationen abfedern zu können.

Im Haus wurde eine (vorher nicht benutzte) Station zur Isolierstation umfunktioniert. 10 Zimmer sind vorhanden, die Patienten werden dort einzeln untergebracht, solange der Platz reicht. Momentan sind zwischen 2 und 6 Patienten dort untergebracht gewesen in den letzten zwei Wochen. Unsere Intensivstation hat nur ein Isolier-Bett zur Verfügung, in das Corona-Patienten untergebracht werden können, sollten sie intubiert werden müssen. Sollte es notwendig werden dort zwei Patienten unterzubringen, wird der Aufwachraum des OP-Bereichs zur Intermediate Care Station umfunktioniert, um nicht-beatmete, nicht-Corona-Patienten dort betreuen zu können. Sollten unsere Intensivkapazitäten dann nicht ausreichen, würden wir weitere beatmungspflichtige Patienten (auch mit Corona) in den OP-Sälen betreuen. Dies wäre für alle Beteiligten eine Katastrophe, da es nicht genügend Intensiv-Personal gibt und die Beatmungsgeräte von PflegerInnen bedient werden, die nicht im Umgang mit diesen geschult sind.

Wie waren die Personalausstattung und die Arbeitsbelastung vor Corona, wie ist es jetzt?

Die Situation in unserem Haus war bereits vor der Corona Krise als kritisch einzustufen, so wie es in anderen Krankenhäusern wahrscheinlich ähnlich sein wird. Beispielsweise arbeiten die KollegInnen der Privatstation im Nachtdienst auf ihrer Etage allein – also nur eine Person – die sich um bis zu 23 Patienten, darunter frisch operierte, dementiell veränderte, oder auch Kinder in Einzelzimmern zu kümmern haben. Sollte in diesen Fällen ein Notfall sein oder der/die KollegIn tätlich attackiert werden, kann die Person sich nur mittels Telefon oder Notknopf im Zimmer bemerkbar machen. Der Notknopf führt dann dazu, dass es eine Etage tiefer klingelt und mit etwas Glück kommt dann einE KollegIn aushelfen. Die KollegInnen aus der Notaufnahme sind des Nachts zu zweit, es gibt keinen Sicherheitsdienst und es gab schon eskalative Momente, etwa wenn angetrunkene Patienten übergriffig wurden.

Wenig verwundernd ist die Tatsache, dass seitens unserer Leitung sofort das Mittel der Kurzarbeit angemeldet wurde, als es zur Covid-19-Pandemie kam, um die Verluste durch die abgesagten elektiven OPs monetär auszugleichen. Um eine Flucht des Personals zu verhindern, stockt unser Arbeitgeber den Lohn auf 100% des im Arbeitsvertrag vereinbarten Lohnes auf.

Wie sieht bei Euch die Materialausstattung mit Schutzkleidung, Masken und Desinfektionsmitteln aus?

Der normale (Papier-)Mundschutz ist im Haus weitestgehend verbraucht. Die KollegInnen sind angehalten eine Maske aus Stoff mehrfach zu benutzen. Für den Kontakt mit Covid-PatientInnen stehen wenig FFP2 bzw. zur Intubation die notwendigen FFP3-Masken zur Verfügung. Diese werden ebenfalls mehrfach benutzt. Hier gab es leider einige Diebstähle, sodass die Leitung entschieden hat die restlichen Masken einzuschließen. Desinfektionsmittel ist aktuell vorhanden und laut der Klinikleitung ist das Haus gut aufgestellt.

Wie ist die Stimmung unter KollegInnen? Was haltet Ihr von dem Applaus, der jetzt regelmäßig dem Krankenhauspersonal gespendet wird?

Die Stimmung im Krankenhaus ist vor der Krise sehr schlecht gewesen, viele KollegInnen sind überarbeitet, einige sogar krank geworden aufgrund der Belastung, die Arbeitslast wird kontinuierlich erhöht aufgrund des Kostendrucks. Es gab Entlassungen und Einsparungen, unsere Klinik wurde auf Leitungsebene mit einer anderen Klinik gekoppelt. Die Fallzahlen werden erhöht, seit einiger Zeit sind drei weitere OP-Säle eröffnet worden um mehr lohnende Operationen durchzuführen.

Den Applaus, der jetzt seitens der Bevölkerung dem Personal in den systemrelevanten Berufen zukommt, empfinde ich als eine Wertschätzung meiner Tätigkeit. Wichtig ist jetzt und nach der Krise, diese Aufmerksamkeit zu nutzen um die notwendigen Forderungen politisch durchzusetzen. Kliniken dürfen nicht in privater/kirchlicher Hand sein. Das Gesundheitssystem darf kein Spielball des Marktes sein.

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